– Flüchtlinge respektieren und schützen! –

„Lampedusa1“ ist überall? Auch hier in Köln?
– Flüchtlinge respektieren und schützen! –

Im März 2011
Sehr geehrte Pfarrer
sehr geehrte HauptamtlerInnen im pastoralen Dienst,
sehr geehrte Damen und Herren in den Pfarrgemeinderäten und Kirchenvorständen,
gebannt verfolgen wir die Bilder zu Flüchtlingsströmen und –katastrophen irgendwo
weltweit – und machen uns häufig nicht bewusst, wie viel Nähe wir auch zum Thema
hier vor Ort haben bzw. haben könnten…
Wir möchten Sie herzlich darum bitten, ihr Augenmerk auf Flüchtlinge in Köln zu
richten, die nach wie vor unserer besonderen Solidarität und Unterstützung bedürfen.
Wir bitten Sie darum, aktiv Kontakte zu Flüchtlingen, die in den Stadteilen /
Sozialräumen Ihrer Pfarrgemeinde leben, aufzubauen.
Denn leider leben Flüchtlinge heute oft isoliert in Übergangswohnheimen. Sie haben
wenig Kontakt zu Kölnerinnen und Kölnern fast gar keinen Kontakt in den Stadtteil
hinein. Es sind leider auch nicht nur wenige Monate, die sie in beengten Räumen mit
wenig Privatsphäre verbringen, sondern tatsächlich lebt eine ganze Reihe der
Familien schon über ein Jahrzehnt in solch einer Unterkunft! Viele Kölner Kinder
kennen tatsächlich nur eine Flüchtlingsunterkunft als ihr Zuhause!
Flüchtlinge bedürfen unserer tätigen Nächstenliebe, unseres besonderen humanitären
Engagements. Es sind oft Menschen, die als Minderheit oder als Engagierte in ihrem
Herkunftsland verfolgt und diskriminiert wurden, Kriegs- und Gewalterfahrungen
mitbringen, Familienangehörige verloren haben, durch Vertreibung und Verlust
gezeichnet sind.
Hier in Deutschland erleben sie sich weiterhin oft als „ausgegrenzt“: erhalten eine
finanzielle Unterstützung, die kaum für das Nötigste reicht, werden in Hinblick auf
Sprachkompetenz oder berufliche Qualifizierungen in der Regel nicht gefördert, mit
unerwarteten Schwierigkeiten bei der Regelung ihres Aufenthalts konfrontiert. Ihre
Erwartungen an unser Land werden oft nicht erfüllt, sogar hier müssen sie sich mit
Vorurteilen und Abwertungen auseinander setzen. Kein Wunder, dass sich viele dann
frustriert zurückziehen, ihr Vertrauen in ihre eigene Gestaltungskraft und Wirksamkeit
verlieren.
1Flüchtlingslager mit unzumutbaren Bedingungen auf einer Insel an der äußeren EU-Grenze
Wir möchten Sie sehr dazu motivieren, Kontakt zu diesen Menschen aufzunehmen!
Wenn Sie sich auf die Lebenssituation und Lebenserfahrungen dieser Menschen
einlassen, werden Sie beeindruckt sein von der Stärke dieser Menschen, von der
Vielfalt ihrer Lebensentwürfe, vielleicht auch schlichtweg von ihrer
Überlebensfähigkeit. Sie werden aber auch feststellen, wie viele Fragen es gibt und
wie viel Unterstützungsbedarf tatsächlich vorhanden ist, gerade bei denen, die ihren
Mut schon verloren haben und denen manches „egal“ erscheint… Seien Sie sicher,
dass jeder Ihrer Schritte auf Flüchtlinge hin wirksam ist!
Sie haben vielleicht in der aktuellen Tagespresse verfolgt, wie problematisch die
Unterkunftssituation teilweise ist. Da sind diejenigen, die schon lange hier leben,
gemeinsam untergebracht mit Menschen, die gerade angekommen sind,
unterschiedliche Nationalitäten und Kulturen, die auf engem Raum irgendwie
miteinander zurecht kommen müssen, ohne sprachliche und kulturelle Hilfsmittel, in
einfachster Ausstattung, teilweise in renovierungsbedürftigen Räumen. Gerade was
die teilweise Ausstattung der Räume anbelangt, waren wir selbst überrascht, dass es
das bei uns noch gibt….
Die Situation von Kindern und Familien, Jugendlichen und alten Flüchtlingen liegt uns
dabei natürlich besonders am Herzen. Es gibt so viele Möglichkeiten des Engagements:
Patenschaften, Hausaufgabenhilfen, Formularhilfe, Einladung zu Ferienfreizeiten und
Freizeitaktivitäten, interkulturelle Begegnungen, Einladung in den Gottesdienst…. Die
Gemeinde kann sich moderierend zur Nachbarschaft engagieren aber auch über die
Lebenssituation der Flüchtlinge informieren und aufklären.
Wir vertrauen darauf, dass Sie unserem Anliegen offen gegenüber stehen!
Unsere gemeinsame Stärke ist die Ausrichtung am Beispiel Jesu Christi, der uns die
Augen dafür geöffnet hat, dass das Engagement für Ausgegrenzte Wesensmerkmal und
Fundament unseres Glaubens und unserer Kirche ist.
Wir haben nicht immer die Möglichkeit, auf demokratische Entwicklungen und
wirtschaftliche Gleichberechtigung in den Herkunftsländern von Flüchtlingen
unmittelbar Einfluss zu nehmen (so gern wir es – gerade in diesen Tagen – tun
würden!). Aber wir haben jederzeit die Chance – und sicher auch den Auftrag – die
christliche Botschaft lebendig werden zu lassen und Menschen mit auf den Weg zu
geben, ihnen Vorbild und Partner und Partnerin zu sein, ihnen in unserer Gemeinde
und in unserer Gesellschaft Teilhabe zu ermöglichen, nach Kräften zu ihrem Heil
beizutragen.
Wie immer ihr weiteres Schicksal aussieht – die Flüchtlinge werden jede Orientierung
dankbar annehmen und den Erfahrungsschatz, den wir ihnen als christliche
Gemeinschaft bieten, in ihr weiteres Leben mitnehmen.
Wenn Sie sich bereits aktuell für Flüchtlinge engagieren, sind wir sehr an einer
Rückmeldung interessiert, welche Erfahrungen Sie dabei gemacht haben / machen.
Bitte, lassen Sie uns an Ihrem Engagement teilhaben und wissen, was gut funktioniert,
oder wo es hakt! Gern sind wir auch bereit, den weiteren Erfahrungsaustausch unter
den Gemeinden anzuregen.
Falls Sie sich neu engagieren möchten, oder auch auf Schwierigkeiten gestoßen sind,
bieten wir auch gern an, für Sie Kontakte zu Fachleuten herzustellen, die mit Ihnen
gemeinsam denken und vielleicht wichtige Impulse geben könnten.
Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen und danken schon jetzt für alles, was Sie in
dieser Frage tun bzw. tun werden.
Mit herzlichen Grüßen
Hannelore Bartscherer Peter Krücker
Vorsitzende des Katholikenausschusses Stellv. Vorsitzender des Katholikenausschusses